Recht auf Stadt – 2 Redebeiträge

Banner Gerichte sind zum essen da auf der Kundgebung am 25.2.21

Der Prozess gegen den Anmelder des Recht auf Stadt Camps endete am Donnerstag nach 5,5 stündiger Verhandlung mit einer Verurteilung zu 90 Euro Bußgeld, wegen Verstoß gegen die Auflage, keine Musik nach 22 Uhr abzuspielen (Ordnungswidrigkeit). Die Richterin erklärte, es gehe um den formellen Verstoß, nicht darum ob die Versammlungsauflage rechtmäßig war. Sie übte ungewöhnlich scharfe Kritik an das Verhalten der Verwaltungsbehörde, dem Rechtsamt, die mit zwei Vertreterinnen – trotz Begrenzung der Sitzplätze von Zuschauer*innen auf 4 wegen der Coronapandemie – vertreten war. Das Bußgeld, wogegen Einspruch eingelegt worden war, betrug 500 Euro. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Betroffene darf einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde stellen und mit seiner Wahlverteidigerin (eine andere Aktivistin) begründen.

Wir haben ein wenig über den Prozess getwittert. Heute wollen wir den Inhalten Raum geben. Es gab vor dem Amtsgericht eine Solikundgebung vom Bündnis Recht auf Stadt. Wir veröffentlichen zwei Redebeiträge.

1. Redebeitrag

Im Juli 2020 fand hier in Lüneburg im Frommepark das Recht Auf Sadt Camp statt. 500 Menschen haben drei Tage diesen Park mit ganz viel Leben gefüllt. Zwischen den Zelten fanden Workshops statt, es gab Musik und viel Auseinandersetzung mit den Politischen Kämpfen rund um das Thema, eine selbstorganisierte Küfa und solidarisches Beisammensein. Danke an dieser stelle noch einmal an alle die da waren und mitgestaltet haben. 
„RechtAufStadt steht für eine gleichberechtigte Beteiligung Aller am städtischen Leben und stemmt sich damit gegen den Ausverkauf der Stadt durch Investoren, die rein kapitalistische Interessen verfolgen, was zu einer Verdrängung der finanziell weniger gut aufgestellten Gruppen an den Stadtrand führt und außerdem vor allem linke Projekte, die sich gegen das reine Gewinnstreben stellen, in akute Bedrängnis bringt. Der Angriff auf das Wohnprojekt Unfug und somit die aktive Zerstörung von bezahlbarem und inklusivem Wohnraum ist dabei nur ein Zeichen von vielen in dieser Verwandlung der Stadt weg von den Bedürfnissen der Menschen hin zu reiner Profitgier.Diese Profitgier zeigt sich exemplarisch ebenso bei den aktuellen Problemen im Stadtteil Kaltenmoor mit dem Aktienkonzern Vonovia.“
Die Lüneburger Stadtverwaltung und die Polizei haben uns schon im Vorfeld viele Steine in den Weg gelegt und versucht unsere Versammlungsfreiheit einzuschränken. Unnötige Auflagen wurden erteilt und Klagen von unserer Seite aus gewonnen. 
Und nun sind wir hier, weil „Ein Mensch nun kriminalisiert wird: Die Stadt Lüneburg fordert ein völlig überzogenes, ungerechtfertigtes Bußgeld für eine Veranstaltung, auf der überhaupt erst die Möglichkeiten für eine solidarische zukunftsfähige Stadt erörtert wurden. Es ist absurd! 
Lasst uns zeigen, dass wir alle dafür einstehen, dass die Stadt für alle da sein muss, ohne willkürliche Repression. Das Interessante ist, dass diese Ordnungswidrigkeit überhaupt verfolgt wird: Es liegt allein im Ermessen der Stadt, ob sie solchen Ordnungswidrigkeiten nachgeht oder nicht (Opportunitätsprinzip). Es ist klar zu erkennen, wie die Stadt ihre Möglichkeiten der Verfolgung hier gezielt politisch einsetzt. Dagegen sprechen wir uns aus. Die zuständige Richterin hat eine Aussetzung des Verfahrens aufgrund der Corona-Pandemie abgelehnt. Es dürfen nur wenige Zuschauer*innen in den Saal hinein. Solidarische Unterstützung draußen ist daher um so wichtiger! 
Recht auf Stadt bedeutet Teilhabe, Mitspracherecht und auch Mitgestaltungsrecht und das fordern wir für alle, die in dieser Stat leben. Lasst uns ein Zeichen dafür setzen, dass die Räume dieser Stadt allen gehören!  „

2. Redebeitrag

Was Freiräume sind, warum wir sie schaffen und verteidigen
Leben braucht Räume – Freiräume 
Orte an den Begegnungen, Verbindungen und gemeinsames Wachsen, passieren können. Unkontrolliert und vielfältig so wie die Wildnis, die auf einem vergessen Stück Brachland zu wuchern beginnt. Hier findet Leben Räume um zu überleben.Menschliches Leben unterscheidet sich nicht von biologischen Leben. Auch wir brauchen Räume die freie Entfaltung ermöglichen, spontane Begegnungen, die neue Verbindungen erzeugen. Es sind diese Momente die das Leben, lebendig machen. Zu steril ist, die Umgebung in der wir alle, doch allzu oft überleben müssen. Zwischen weißen Hauswände, Glassfassaden und einer scheinbar endlosen Anzahl an Autos. Leere Augen, kalte Hände und ausdruckslose Gesichter begegnen einem hinter jeder Straßen ecke. Alle auf der Suche, rastlos und getrieben. Kontrollierte Menschen und gelenkte Warenströme, überwachte Daten. Die maximale Kontrolle die jede Regierung anstrebt, ist auch eine Kontrolle des öffentlichen Raums. Immer mehr Profit, den jedes Unternehmen anstreben muss, ist ein Geschäft mit unserer Lebenszeit und unserer Lebensgrundlage. Zurück bleibt eine sterile Maschinierie die jeden Lebensraum verschlingt.Staat und Kapital haben sich verschworen. Gegen das Leben und alle die Widerstand leisten.Das streben nach maximaler Kontrolle und immer mehr Profit, das gibt es auch hier in Lüneburg. Parkbänke die verschwinden, „Unerwünschte“ werden aus dem Stadtbild verdrängt. Die Innenstadt soll „attraktiver“ gemacht werden – nicht für die Menschen für Tourist*innen und Investoren. Während Wohnungen und Hotels für Wohlhabende gebaut werden, wird der Rest der Menschen immer weiter an den Stadtrand verdrängt. Das in den Ilmenaugärten Luxuswohneinheiten entstehen und am Bockelsberg einige wenige Sozialwohnungen gebaut werden, ist kein Zufall. Der Ausverkauf der Stadt an Immobilieninvestoren eben so wenig. So wird die Stadt verwaltet wie eine Firma die immer mehr Profit abwerfen soll. Zweifelsohne sind wir von der totalen Kontrolle in Lüneburg noch weit entfernt. Denn die Widerständigen Elemente dieser Stadt sind nicht kleinzukriegen. Ob unzähligen engagierten Menschen die mit einer Vielfalt an Aktionsformen immer wieder der Stadt auf der Nase herumtanzen, die wucherenden Natur in den Brachflächen oder die Erde selbst die sich absenkt um einen fancy Sallier-Neubau zu verhindern. Es ist eben jenen Menschen zu verdanken die trotz der Stadtverwaltung, die nur Ausbeutet, Zerstört und Unfrieden stiftet, die jeden Tag die Stadt lebendig machen. In Parks, Hinterhöfen und an Straßenecken, treffen wir uns. Ducken uns weg wider der Überwachung und Kontrolle durch die Polizei. Bemalte Wände sind uns lieber als die Frischgestrichenen. Und wir verachten die Autos die uns die Straße nehmen. Für uns scheint kein Platz zu sein, doch wir nehmen ihn uns trotzdem. Natürlich schmeckt das der Stadtverwaltung nicht, darum werden wir kriminalisiert und vertrieben. Wir passen nicht in diese glatte bürgerliche und scheinbar makellose NormalitätLasst uns die Illusion von Kontrolle und Befriedung zerschlagen. Wir sind wütend. Über die leeren ParkbänkeÜber die Stinkenden und lärmenden AutosÜber die geräumte Häuserüber die gefällten BäumeÜber die trostlosen,austauschbaren GeschäfteÜber die verlogenen Reden unsere korrupten StadtpolitikDarum lassen wir uns nicht unterkriegen, weder von vermeintlichen Ordnungshüter*innen, noch von pseudolegitimen Gerichtsprozessen.Wir kämpfen für eine Stadt für alle. Gegen die Stadt der Reichen. Für autonome, solidarische und selbstverwaltete Kieze Denn alle die da sind, sind da und sie haben ein Recht auf Stadt. 

  1. Redebeitrag