Redebeitrag der Soligruppe „Nonsens“

Die Kundgebung am Aktionstag am 30.05.2020 auf dem Lüneburger Marktplatz war ein Erfolg. Wir veröffentlichen nach und nach die Redebeiträge.

Wir sind die selbstorganisierte Soli-Gruppe Nonsens. Wir zeigen unsere Solidarität mit Unfug. Unfug ist nicht nur ein knappes Dutzend Menschen, die zusammenleben und einen einsamen Kampf gegen die Welt da draußen führen. Unfug hat Rückhalt von Freund*innen und Weggefährt*innen hier in Lüneburg und darüber hinaus. Wir haben uns hier versammelt als eine Gruppe dieser Menschen und rufen euch dazu auf, jetzt und in naher Zukunft Unfug zu unterstützen.

Vielleicht denkst du: „Es ist nicht schlimm, wenn das Projekt ohne Bauwägen auf ihrem Grundstück zurückbleibt. Ein Bauwagen ist ja gar kein richtiges Zuhause. Diese Menschen ziehen sowieso lieber umher und der Bauwagen ist nur eine provisorische Übergangslösung. Oder: Sie haben auch gar kein Problem damit, wie und wo sie mit ihren Bauwägen stehen und leben.“

Das ist aber falsch gedacht!

Unfug ist ein Hausprojekt, bestehend aus Menschen die sich bewusst als Gruppe schon lange vor dem Einzug kennengelernt und gefunden haben. Sie haben sich bewusst entschieden wie eine Familie zusammenzuleben, und das auf inklusive und kostengünstige Art und Weise, wie es in Lüneburg nur selten möglich ist. Bei Unfug gibt es „Opi“ und Babys und Onkels und Tanten. Es ist eine selbstgewählte große Familie. Unfug ist eine Gruppe von Menschen, die sich für eine bessere Welt engagieren – z. B. in der Klimagerechtigkeitsbewegung oder im antifaschistischen Bereich. Trotzdem wird der Wert dieses Zusammenlebens von der Stadt nicht gesehen. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass linkspolitisch Aktive eingeschüchtert und mundtot gemacht werden sollen.

In der Schule haben wir bereits gelernt, dass eine Stadt mit gewählten Vertreter*innen eigentlich für das Wohl ihrer Bewohner*innen verantwortlich ist. Die Stadt Lüneburg aber fährt den Weg der härtesten Konfrontation. Nach bereits jahrelangem Heckmeck ist der Gipfel dieser Politik der Zermürbung der kürzlich ergangene Räumungsbescheid. Mit diesem soll eine aufschiebende Wirkung gegen die Räumung durch den Rechtsweg verunmöglicht werden. Die Geldstrafen, die verhängt werden, wenn die Menschen von Unfug ihr Zuhause nicht verlassen, sind absurd und völlig unbezahlbar. Die Begründung durch Brandgefahr ausgehend durch Öfen in den Bauwägen ist vollkommen haltlos, da sie alle geprüft und abgenommen wurden.

Unfug wird vorgeworfen, eine [ZITAT:] „unorganische Splittersiedlung“ zu sein. Das Wohnprojekt soll gezwungen werden, sich aufzulösen bzw. zurückzukehren zu einem größeren Bauwagenplatz in Lüneburg, auf dem ja genug Platz vorhanden sei. Dieses Vorgehen ist absolut menschenfeindlich: Es macht eine Vielfalt von Bauwagenplätzen unmöglich, und widerspricht damit dem grundlegenden Anspruch von Pluralität. Die Bewohner*innen werden wie Stückgut behandelt, das umgelagert werden kann. Zum Vergleich: Niemand würde doch verstehen, warum eine Kleinfamilie von der Stadt auseinandergerissen werden darf, nur weil der Anbau nicht vom Bauamt genehmigt wurde.  Im Übrigen können wir darin ein Muster unseres ach-so-liberalen Deutschland erkennen, wie auch Geflüchtete in Ghettos gezwungen und ganze Dörfer für etwas Kohle abgebaggert werden. Durch die Situation wird deutlich: Lüneburg befindet sich in akuter Gefahr, durch eine von Interessenspolitik getriebene technische Rationalisierung regiert zu werden, welche über ein völlig falsches Verständnis von organischem Zusammenhalt verfügt.

An der Förderung anderer Wohnprojekte sehen wir, dass es hier nicht allein darum geht, alternative Wohnkonzepte zu verhindern. Denn die Stadt kann sich ja durchaus mit ihnen schmücken, um sich ein nachhaltiges, grünes Bild zu verleihen. Vielmehr beobachten wir einen persönlichen Feldzug des Oberbürgermeisters Mädge gegen Menschen, die in ihrer politischen Arbeit und ihrem alltäglichen Leben Machtstrukturen hinterfragen. Wie jeden Tag dürfen wir uns die Frage stellen, wem die Aufrechterhaltung der Herrschaft nützt.

Die Stadt Lüneburg mit dem Obersten Mädge kramte tief in den Schubladen repressiver Bürokratie, um Wege zu finden diesen „unliebsamen Haufen“ endlich loszuwerden. Dies zeigt wie die Stadt und insbesondere OB Mädge meinen, mit Lüneburger*innen umgehen zu können.

Der Oberbürgermeister Mädge lebt selbst auch in Kaltenmoor. Nachbarschaftshilfe in Zeiten von Corona sollte selbstverständlich sein! Herr Mägde! Setzen Sie Ihre Nachbar*innen nicht vor die Tür!

Wir freuen uns, dass ihr hier heute so zahlreich erschienen seid. Aber es ist nicht damit getan, nur einmal auf eine Kundgebung zu gehen. Sondern es braucht mehr. Unfug selbst hat sehr viel bürokratischen Bockmist an den Hacken und braucht daher moralische wie auch finanzielle Unterstützung von Euch allen. Wir haben noch einen Monat Zeit zu kämpfen. Also:

Lasst uns dafür sorgen, dass Unfug bleibt!

Lasst uns die solidarische Stadt erkämpfen!

Lasst uns die Stadt der Reichen verhindern!

Auf geht’s! Ab geht’s! Unfug bleibt!

Ein Gedanke zu „Redebeitrag der Soligruppe „Nonsens““

Kommentare sind geschlossen.