Die Kundgebung am Aktionstag am 30.05.2020 auf dem Lüneburger Marktplatz war ein Erfolg. Wir veröffentlichen nach und nach die Redebeiträge.
Liebe Unterstützer*innen,
Ich lebe mit meinem Partner und meinem 10 Monate alten Sohn in einem Bauwagen bei Unfug. Den Bauwagen haben wir so umgebaut dass er perfekt für unsere Bedürfnisse als kleine Familie passt. Es gibt jeden Tag viel zu tun aber wir fühlen uns dort sehr wohl.
Als der Brief am 13. Mai ankam war ich geschockt. Ich wusste, die Lage ist angespannt aber ich hatte immer noch auf eine Einigung, eine Duldung oder einen Kompromiss mit der Stadt gehofft. Die Unsicherheit und das in der Luft hängen all die Monate war besonders für uns als junge Familie schon schlimm genug und dann auch noch der Räumungsbescheid.
Nach so einem langen Kampf und Verhandlungen sollen wir bis Juli aus den Wägen raus. Alle 10 Erwachsenen Bewohner*innen sowie Unfug e.V. und die Unfug-Verwaltung GmbH haben diese Anordnungen erhalten. Die Nutzung der Bauwagen als Wohnraum wird zum 1.7.2020 untersagt. Bei Verstoß ist pro Wagen und Monate ein hohes Zwangsgeld fällig. Der Bescheid enthält auch die Drohung der kostenpflichtigen Räumung der Bauwagen.
Als Grund für die unverzügliche Räumung wird Bandschutz vorgebracht, obwohl unsere Öfen vom Schornsteinfeger abgenommen sind, und unsere Bauwagen die nötigen Mindestabstände einhalten. Wir sehen die Begründung der Brandgefahr als völlig an den Haaren herbeigezogen und sind uns sicher, dass es nur darum geht ein politisches Projekt zu zerstören. Dass dabei Einzelschicksale auf dem Spiel stehen und Familien ihr Zuhause verlieren scheint völlig egal.
Wir sind nämlich nicht die einzige Familie bei Unfug. Ein Kleinkind und ein wenige Monate altes Baby wohnen auch mit bei uns. Durch das Leben im Bauwagen haben wir als junge Familie den Rückzugsraum den wir brauchen und können trotzdem mit unseren Freunden in Gemeinschaft leben. Denn gerade für uns Familien ist der halt in der Gemeinschaft wichtig, wir unterstützen uns gegenseitig und lernen viel voneinander.
Ich bin einfach fassungslos und verzweifelt. Seit diesem 13. Mai kann ich an nichts anderes mehr denken und frage mich, wo wir denn jetzt hin sollen. Wer den Wohnungsmarkt in Lüneburg kennt, weiß, dass man nicht mal eben auf imoscout.de sucht und 2 Wochen später eine – vor allem bezahlbare – Wohnung für eine kleine Familie gefunden hat. Erstrecht nicht, wenn man gerade noch im Studium ist und keine finanziellen Sicherheiten vorweisen kann.
Wir stören niemanden, wir schaden niemandem – warum dürfen wir denn nicht einfach so leben wie wir wollen? Unser Grundstück direkt am Wald mit großem Garten und Haus, in dem sich Gemeinschaftsräumen und Sanitäranlagen befinden, haben wir gemeinsam gekauft. Jung und Alt wohnen inklusiv zusammen und setzten sich gemeinsam für ihre Überzeugungen und Werte ein – ich kann mir für meinen Sohn keine besseren Vorbilder und keine schönere Umgebung zum aufwachsen vorstellen.
In diesem Sinne: Unfug bleibt – Mit Bauwagen!
Ein Gedanke zu „Zweiter Redebeitrag von Unfug“
Kommentare sind geschlossen.